Frostiger Empfang am BER: Im neuen Flughafen-Gebäude ist es kalt

Betreibergesellschaft erläutert, warum es in der erst im Herbst eröffneten Halle so eisig ist. Unterdessen vergrößern sich die Finanzprobleme weiter 

Auf dem Vorfeld des Flughafens ist es noch kälter: eine Schneefräse vor dem neuen Terminal 1.
Auf dem Vorfeld des Flughafens ist es noch kälter: eine Schneefräse vor dem neuen Terminal 1.dpa/Soeren Stache

Berlin-„Es ist kalt“, bestätigte Flughafensprecher Hannes Hönemann am Mittwochmorgen. Durch den Bahntunnel, der direkt unter dem Empfangsgebäude des neuen Schönefelder Flughafens in den Airport-Bahnhof mündet, dringe Außenluft in das Gebäude ein. „Von dort wird kalte Luft ins Terminal 1 gesogen“, erklärte er. Ein weiterer Faktor ist die geringe Zahl der Fluggäste und Besucher. „Man hat einberechnet, dass das Terminal gut gefüllt ist und die Passagiere mitheizen“, hieß es bei den Mitarbeitern. „Weniger Menschen im Terminal, weniger Wärme“, fasste Hönemann zusammen.

Anders als berichtet sei die Empfangshalle aber nicht geschlossen worden, betonte der Flughafensprecher. „Sie ist weiterhin zugänglich.“ Fluggäste können sie wie bislang durchmessen, um zu den Sicherheitskontrollen zu gelangen. Allerdings seien die Kontrollen in der Halle nicht mehr an allen Tagen geöffnet, so Hönemann. „Sondern nur an Tagen mit erhöhtem Aufkommen“ – etwa am Wochenende. In der Regel müssen die Fluggäste also zu den seitlich angebauten Pavillons weitergehen. Dort sorgen dann Heizlüfter dafür, dass es den Sicherheitskräften nicht kalt wird, hieß es. „Bei den Security-Schleusen in den Pavillons ist es ein paar Grad wärmer“, hieß es intern.

Die finanzielle Lage der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, kurz FBB, ist nach einem Bericht des Tagesspiegel noch ernster als bislang bekannt. Danach kommen auf die staatlichen Gesellschafter erhebliche Zahlungsverpflichtungen zu, wenn das Unternehmen den Betrieb weiterführen soll. In einer Unterlage für die jüngste Sitzung des Aufsichtsrats im Januar heißt es, dass Berlin, Brandenburg und der Bund 3,575 Milliarden Euro in Form von Bürgschaften und Eigenkapitalzuführungen bereitstellen müssen. Erst 2034 werde der Konzern einen Gewinn erzielen.

Das schlimmste Szenario: mehr als 3,5 Milliarden Euro fehlen

Ein Mitglied des Aufsichtsrates sagte der Berliner Zeitung am Mittwochmorgen, ihm sei die Zahl 3,575 Milliarden Euro nicht bekannt. Im Januar-Aufsichtsrat sei es um rund 1,8 Milliarden Euro gegangen. Davon entfielen 1,1 Milliarden Euro auf einen Kredit, bei dem die Gesellschafter (und Bürgen) die Zahlungsverpflichtungen der Flughafengesellschaft übernehmen sollen. Weitere 660 Millionen Euro Corona-Soforthilfe kämen hinzu.

Während der jüngsten Aufsichtsratssitzung Ende Januar hatte die FBB mehrere Szenarien für die weitere Entwicklung des Unternehmens vorgestellt. Nach der ihrer Ansicht nach wahrscheinlichen Variante werde das Fluggastaufkommen erst 2025 den Vor-Corona-Stand erreichen. Bis dahin werden 83 Millionen Passagiere weniger als vor der Pandemie erwartet den BER genutzt haben.

Am Mittwochmittag wurde bekannt, dass die Zahl 3,575 Milliarden Euro offenbar aus einer Unterlage für den Finanz- und Prüfungsausschuss der Flughafengesellschaft stammt. Sie beschreibe dort das schlechteste Szenario - das aber durchaus eintreten könnte, wie es hieß. Aus FBB-Kreisen hieß es, dass das Unternehmen prüfe, wegen der Weitergabe der Unterlage Strafanzeige zu erstatten.

„Auf die Unterstützung unserer Gesellschafter angewiesen“

Kritik kam von den Grünen. „Schon vor Corona, war die FBB finanziell am Abgrund. Inzwischen muss selbst die FBB einräumen, dass sie vor 2034 nicht einen einzigen Cent Gewinn machen wird. Im FBB-Wirtschaftsplan klafft ein milliardengroßes Loch“, sagte Sven-Christian Kindler, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. „Monatelang hat Flughafen-Chef Lütke-Daldrup abgestritten, dass die FBB in einer schwierigen finanzielle Lage sei und sein Unternehmen als solide und solvent dargestellt. Er hat wider besseres Wissen dem Aufsichtsrat Sand in die Augen gestreut. Heute ist klar: Die FBB hat keine finanziellen Reserven, sie erhält am Kapitalmarkt kein Geld mehr und kann ihren Schuldendienst nicht mehr aus eigener Kraft bedienen. Wie sie die Kapitalkosten ohne regelmäßige Zuschüsse der Gesellschafter decken will, ist vollkommen unklar.“

Eine milliardenschwere Sonderabschreibung sei nur noch eine Frage der Zeit. „Und das hat alles nichts mit Corona zu tun, das Kind war schon vorher in den Brunnen gefallen. Auch die EU wird hier mitreden und mit Sicherheit nicht einfach durchwinken, dass der FBB weiteres öffentliches Geld quasi ohne Bedingungen bekommt. Die Gesellschafter können der FBB 3,5 Milliarden Euro, die jetzt im Raum stehen, nicht einfach schenken“, so Kindler.

„Leider ist die wirtschaftliche Lage der Flughäfen in Deutschland wegen der Pandemie weiterhin sehr kritisch und eine Erholung derzeit noch nicht in Sicht. Deshalb stehen jetzt nach der Inbetriebnahme die Finanzen im Mittelpunkt und damit das wirtschaftliche Handeln der Gesellschaft“, sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider nach der Sitzung des Aufsichtsrats Ende Januar. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup betonte damals: „Bis wir das Vor-Corona-Niveau erreicht haben, werden wir weiter auf die Unterstützung unserer Gesellschafter angewiesen sein.“