Russisches Außenministerium in Moskau
Reuters/Maxim Shemetov
Moskau reagiert

Österreichischer Diplomat ausgewiesen

Nachdem das österreichische Außenministerium einen russischen Diplomaten im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen zur unerwünschten Person erklärt hatte, hat Russland nun mit der Ausweisung eines österreichischen Diplomaten reagiert. Das gab am Montagnachmittag das russische Außenministerium in Moskau bekannt.

Ausgehend vom Prinzip der Reziprozität sei als Gegenmaßnahme ein Diplomat der österreichischen Botschaft in Russland zur Persona non grata erklärt worden, hieß es vom Moskauer Außenministerium. In der österreichischen Botschaft in Moskau wurde diese Darstellung anschließend bestätigt.

Zuvor war Österreichs Botschafter in Moskau, Johannes Eigner, in das Ministerium bestellt worden. „Dem Botschafter wurde im Zusammenhang mit der unbegründeten Entscheidung der österreichischen Seite in Bezug auf den Entzug der Akkreditierung eines Diplomaten und der Forderung, Österreich zu verlassen, entschiedener Protest zum Ausdruck gebracht“, hieß es in einer Aussendung des russischen Außenministeriums.

Russischer Diplomat ausgewiesen

Das österreichische Außenministerium bestätigte am Vormittag einen Bericht der „Kronen Zeitung“, wonach ein russischer Diplomat aus Österreich ausgewiesen wird. Das Verhalten habe nicht den Bestimmungen der Wiener Diplomatentrechtskonvention entsprochen, so ein Sprecher des Außenministeriums. Weitere Details nannte das Ministerium jedoch nicht.

Österreichs Botschafter in Russland, Johannes Eigner
Reuters/Sergei Karpukhin
Der österreichische Botschafter Johannes Eigner wurde in das russische Außenministerium bestellt

Aus Diplomatenkreisen hieß es, dass es sich bei dem Schritt um eine „Ultima Ratio“ gehandelt habe. Es sei eine rote Linie überschritten worden, das habe Österreich nicht tolerieren können. In informierten Kreisen war davon die Rede, dass es sich nicht um einen Diplomaten aus der russischen Botschaft in Wien, sondern der Ständigen Vertretung Russlands bei internationalen Organisationen handelte. Vonseiten der UNO gab es dafür keine Bestätigung. Ein UNO-Sprecher nannte den Fall gegenüber der APA „eine rein bilaterale Angelegenheit zwischen Österreich und der Russischen Föderation“.

Die russische Botschaft in Wien bezeichnete das Vorgehen als „unbegründet“ und als „Schaden für die konstruktiven bilateralen Beziehungen“. Wenig später kündigte der Kreml Gegenmaßnahmen an: „Es wird eine Antwort geben“, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Russischer Botschafter in Österreich, Dmitrij Ljubinskij
APA/Herbert P. Oczeret
Aus der russischen Botschaft, hier der russische Botschafter Dmitri Ljubinski, kam scharfe Kritik

Sprecherin: Ging um „russische Staatsangehörige“

Das Justizministerium verwies in diesem Zusammenhang auf ein Gerichtsverfahren gegen einen geständigen Österreicher, dem die Staatsanwaltschaft Wirtschaftsspionage zugunsten des Auslands vorgeworfen hatte. Dieses Verfahren ging im Sommer in Wien mit Diversion und der Zahlung einer „hohen fünfstelligen Summe“ zu Ende.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Wien am 4. März den Strafantrag eingebracht hatte, war dem Angeklagten laut einer Sprecherin des Landesgerichts Wien bei der Hauptverhandlung am 2. Juni vorgeschlagen worden, im Zuge einer Diversion eine hohe Geldstrafe zu bezahlen. Bei der Hauptverhandlung, die knapp zwei Stunden dauerte, seien keine Zeugen geladen gewesen, so die Gerichtssprecherin. „Ich kann Ihnen aber bestätigen, dass es offensichtlich um russische Staatsangehörige gegangen ist, denen Dinge mitgeteilt worden sind“, sagte sie.

Erst im Juni Urteil in Spionageaffäre

Es ist nicht das erste Mal in jüngster Zeit, dass die Beziehungen zwischen Russland und Österreich auf die Probe gestellt werden. Erst im Juni wurde ein ein ehemaliger Offizier des Bundesheers wegen des Vorwurfs der Spionage zu drei Jahren Haft verurteilt.

Laut Anklage soll der pensionierte Oberst zumindest 25 Jahre lang Staats- und militärische Geheimnisse dem russischen Militärgeheimdienst preisgegeben und dafür rund 280.000 Euro kassiert haben. Der ehemalige Oberst habe von 1992 bis Ende September 2018 geheime Informationen über das Bundesheer weitergegeben. Der pensionierte Oberst wurde im Sinne der Anklage wegen des Verbrechens des „Verrats von Staatsgeheimnissen“ sowie wegen des Vergehens „Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs“ und wegen des Verbrechens der „vorsätzlichen Preisgabe eines militärischen Geheimnisses“ schuldig gesprochen.

Im Jänner gab es unterdessen einen großangelegten Cyberangriff auf das heimische Außenministerium. Auch hier wurden Spekulationen geäußert, wonach womöglich Russland hinter dem Angriff stecke – Moskau wies jedoch sämtliche Vorwürfe zurück.

Nur selten Ausweisungen

Dass Österreich russische Diplomaten ausweist, ist aber eher ungewöhnlich: Selbst 2018, als die Mehrheit der EU-Staaten sich während der Affäre um den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal entschloss, russische Diplomaten auszuweisen, zog Österreich nicht mit. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verteidigte die österreichische Entscheidung mit der österreichischen Neutralität und der Tatsache, dass Wien Sitz vieler internationaler Organisationen sei.

Im Juni 2007 hatte zudem die kurzfristige Verhaftung des russischen Staatsangehörigen Wladimir W. für deutliche Verstimmungen zwischen Wien und Moskau gesorgt: Dieser Vertreter der russischen Weltraumagentur war damals verdächtigt worden, gemeinsam mit einem Bundesheerangehörigen Daten eines Kampfhubschraubers ausspioniert zu haben. W. musste jedoch schließlich enthaftet werden, da er im Zusammenhang mit einer Weltraumtagung in der Wiener UNO-City auch am Ort seiner Festnahme in Salzburg formal diplomatische Immunität besaß.